Shining-Festival - Gelungene Symbiose aus Party und Kunstevent

Endlich spielte dann auch das Wetter mit: Nachdem es den ganzen Freitag in Strömen geregnet und die Wetterfestigkeit des Festivalgeländes und des Campingplatzes erst einmal auf eine schwere Probe gestellt hatte, riss der Himmel über dem Chiemgau im Laufe des Samstags auf. Mittags schon zeigte sich zögerlich die Sonne, ab Nachmittag war herrlichstes Sommerwetter. Und damit konnte das Shining-Festival einen seiner größten Vorzüge ausspielen: die herrliche Lage direkt am See. Entspannt lagen die Gäste in der Sonne, badeten und lauschten den relaxten Sounds der Nachmittags-DJs. Eine kleine Verschnaufpause, bevor es am frühen Abend wieder weiter ging, mit einer der aufregendsten Partys des Jahres. Und wer die Ruhe nicht nötig hatte, der tummelte sich auf dem Loveboat, das dieses Jahr offizieller Bestandteil des Shining-Festivals war und ab zwölf Uhr Mittags auf dem See seine Runden drehte. DJ Karotte legte hier eines seiner berühmten 12-Stunden-Nonstop-Sets hin ? für viele Gäste war der Tanz auf dem Schiff einer der Höhepunkte des Festivals.
Und das war ohnehin nicht arm an Spektakulärem. Als frühes Highlight erwies sich am Freitagabend eine Band, die eigentlich gar nicht vorgesehen war: Als Ersatz für Groove Armada, die am Freitag aus nicht nachvollziehbaren Gründen ihren Auftritt gecancelt hatten (siehe Shining-Pressetext 8) konnten die Veranstalter kurzfristig die ?Mediengruppe Telekommander? engagieren. Und die legte mit ihrem Gemisch aus Punk, Techno und HipHop einen wahrlich furiosen Auftritt hin, bei dem das Publikum vor der Bühne wild Pogo tanzte. Anschließend peitschte Anthony Rother die Tänzer mit seinem düster-melodiösen Oldschool-Electro-Sound nach vorne und die Newcomer des Abends, das Hamburger Dance-Projekt Digitalism zeigte mit seinen Hymnen noch einmal, wie sich Euphorie erzeugen lässt ? das Publikum kannte sich nicht mehr vor Jubel. Der Samstag blieb hinter diesen hohen, am Freitag gesetzten Standards nicht im Geringsten zurück. Die New-Disco Chanteuse Kathy Diamond verzauberte die Gäste mit ihrer Performance, Console bewies wieder einmal, wie gut man elektronische Frickel-Sounds mit einer Band in auf die Bühne bringen kann, Northern Lite, die Thüringer Electro-Popper spielten Songs, die einem noch Stunden später in den Ohren lagen und Zombie Nation, das makaber-düstere Oldschool-Electro/House-Projekt aus München brachte tief in der Nacht noch einmal die Hauptstage zum Zittern.
Aber nicht nur draußen ? auch drinnen ging es rund. Noch liegen keine Angaben über die Besucherzahlen vor, fest steht aber, dass es viele Besucher waren, sehr viele. Alle Floors waren gesteckt voll ? und auf allen war die Stimmung so ausgelassen, wie man es nicht alle Tage erlebt. Dabei wurden alle musikalischen Vorlieben bedient ? das Shining-Festival deckte die gesamte Bandbreite der aktuellen elektronischen Musik ab. Sei es vom klassischen, harten Techno eines Jeff Mills oder den Trommelgewittern eines Chris Liebing, vom beseelten Techno-House des Berliner Innervision-Kollektiv, den machtvollen Beats des Moonbootica-DJ-Teams, vom klassischen Vokal-House eines George Morell, den Hammer-Produktionen des Great-Stuff-Labels, vom österreichischen Dub-Techno aus dem Hause G-Stone bis hin zu den intelligenten Minimal-Sounds auf dem Harry Klein-Floor, zum eleganten Tech-House auf dem Flokati-Floor oder den harten und turbulenten Breaks von Artificial Intelligence ? stets ging das Publikum mit, tanzte, jubelte und rockte. Eindeutig mit für diese fantastische Stimmung verantwortlich waren die Visuals, alle Räume beleuchteten. Um die 70 VJs und Medienkünstler waren im Einsatz, um mit ihren Bildern mit der Musik in Interaktion zu treten. Das Konzept ging auf ? die Dancefloors waren eben viel mehr als nur Dancefloors. Sie waren auch Galerien für neue Medienkunst.
Die Visuals waren freilich nicht die einzigen Kunstwerke, die beim Shining-Festival zu bewundern waren. Dieses trat ja mit dem expliziten Wunsch an, Kunst und Musik auf einem Event zusammenzubringen. Und das funktionierte. Neben den Dancefloors, in einem eigenen Trakt des historischen Gebäudes, waren gleich mehrere Räume nur der Kunst gewidmet. Hier konnte man die faszinierende Arbeit ?Riverine Zones Connected? des Berliner Videokünstlers Philip Geist bewundern, für die dieser in allen möglichen Flüssen der Welt mit Unterwasserkameras filmte. Auf neun Monitoren sieht man Aufnahmen aus den schlammigen Fluten des Ganges, den klaren der Isar, dem grünlichen Wasser der Donau und dem schwarzen des nächtlichen Chicago-Rivers. Dazu das authentische Rauschen der Gewässer ? eine kontemplative Arbeit, die gerade durch ihre Ruhe in spannendem Kontrast zur tosenden Party draußen stand. Die kleinen, oft witzigen Kunstwerke ? Zeichnungen, Photos und Kollagen ? des jungen Münchener Kunstkollektivs volksmop royal luden die Festivalbesucher dazu ein, kleine wunderbare Entdeckungen zu machen. Eher gruselig hingegen die Arbeit des Künstlerduos M&M. Die nahmen den Namen des Festivals wörtlich und veröffentlichten ?posthum das Werk von Jack Torrance? - des Protagonisten des Filmklassikers Shining. Dessen Buch besteht bekanntlich aus nur einem Satz: ?Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen? ? und genau dieser Satz füllte auch das von M&M vorgestellte Buch.
Eben dieser Jack Torrance war es auch, der dem Shining-Kunstpreis den Namen lieh. Mit dem Jack-Torrance-Preis wollten die Veranstalter junge, hoffnungsvolle Nachwuchskünstler ehren ? und zum Weitermachen ambitionieren. Drei Künstlergruppen, die am Shining-Festival beteiligt waren, erhielten die nicht hierarchischen und mit jeweils mit 500 Euro dotierten Ehrenpreise des Festivals: der schon erwähnte volksmop royal, Absolventen der Akademie in München, die im Innenhof des Festivals eine begehbare Installation, einen Videobrunnen, aufgebaut haben, sowie Studenten der Bauhaus-Universität in Weimar, die eine imposante 3D-Videoarbeit in einem der Räume des Gebäudes realisiert haben. Das Besondere an allen Arbeiten, die beim Shining-Festival präsentiert wurden war, dass diese vom Publikum zwar mit großem Interesse, aber eben nicht mit musealer Ehrfurcht rezipiert wurden.
Nach zwei fantastischen Tagen ist nur ein Resümee möglich: das Debüt des Shining-Festival war ein voller Erfolg. Der Publikumszuspruch war trotz der anfänglich widrigen Wetterverhältnisse enorm, die Musik war das Beste, was man dieser Tage an elektronischer Musik zu hören bekommt, die Kunst war interessanter Teil des Festivals und kein aufgepropfter Überbau des Ganzen, die Stimmung war sommerlich, ausgelassen, euphorisch und friedlich. Nach zwei erfüllten Tagen brachte es ein Festival-Besucher so auf den Punkt: ?Die Leute, die hier her kamen, wussten ja vorher nicht, wie toll es wird. Jetzt wissen sie es ? und nächstes Jahr bringt jeder Gast noch mal fünf Freunde mit.?

Quelle: http://www.shining-festival.de
Eintrag vom: 25.06.2007


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